Kampf gegen die Pharaonen
Die Gruppenspiele der Handball-WM sind beendet. Ab sofort entscheiden 60 Minuten Handball über Weiterkommen oder Ausscheiden, über Freude oder Trauer. In den K.O.-Spielen geht es nicht nur um Können und Talent – es entscheidet vor allem die Tagesform sowie geistige und körperliche Frische.
Auf dem Papier ist die deutsche Auswahl gegen Ägypten im Achtelfinale Favorit, aber unterschätzt werden darf das Team der Pharaonen nicht. In einer starken Gruppe mit Olympiasieger Frankreich, Vize-Olympiasieger Schweden sowie Algerien, Island und Tschechien setzten sich die Nordafrikaner als Tabellendritter durch.
Hart, härter, Ägypten
Und das Wort durchsetzen ist bei den Ägyptern wörtlich zu nehmen. Die Mannschaft von Trainer Marwan Ragab besticht vor allem durch körperliche Präsenz – oft am Rande der Legalität. In den fünf Gruppenspielen kassierten die Ägypter insgesamt 74 (!) Strafminuten. Das Team agiert aufgrund seines Alters (Durchschnitt 26,8 Jahre) und fehlender Erfahrung in manchen Situationen ungestüm und kassiert viele Zeitstrafen. Bundestrainer Sigurdsson geht von einem harten Fight aus: „Die spielen etwas wilder, als man es in Europa gewohnt ist. Da müssen wir kühlen Kopf bewahren und unser Ding durchziehen“, sagt der Isländer. Nichsdestotrotz besitzt Ägypten Qualität. Im Kader sind einige Spieler dabei, die bei den Olympischen Jugendspielen 2010 in Singapur Gold gewannen und 2014 in Nanjing Silber.
Unzufrieden mit Schiedsrichter
Ob allerdings jede der vielen Zeitstrafen der Ägypter gerechtfertig war, steht auf einem anderen Blatt. Denn auch das deutsche Team hatte im Verlauf des Turniers mit der Anzahl der Strafzeiten zu kämpfen (58 Strafminuten). Aus Sicht der sportlichen Leitung des DHB fehlt bei den Schiedsrichtern eine konsequente Linie und Fingerspitzengefühl. „Es ist schwer, eine klare Linie zu erkennen. Und für meinen Geschmack wird zu kleinlich gepfiffen“, sagt Teammanager Oliver Roggisch. Im Spiel gegen Saudi-Arabien gab es elf Zwei-Minuten-Strafen, wobei das Spiel nicht durch unnötige Härte geprägt war. Es bleibt zu hoffen, dass die Schiedsrichter einen guten Tag erwischen und nicht jedes körperliche Spiel abpfeifen. Ein Spieler wie Steffen Weinhold lebt vom Körpereinsatz und will im Achtelfinale alles in die Waagschale werfen – wenn er denn darf.
Favorit Deutschland
Trotz ägyptischer Kampfstärke geht das deutsche Team mit Selbstvertrauen und Optimismus ins Spiel. Nach den starken Leistungen in der Vorrunde (vier Siege, ein Remis) soll das Achtelfinale nur eine Zwischenstation auf dem Weg in die nächste Runde sein. Im Viertelfinale würde dann Gastgeber Katar warten, das sich gegen Österreich durchsetzte. Die Experten rechnen mit einem deutschen Sieg. Ex-Bundestrainer Hainer Brand setzt genauso auf ein Weiterkommen der DHB-Truppe wie Jörn-Uwe Lommel, ehemaliger Trainer von Ägypten. bwin sieht ebenfalls Deutschland als Favoriten (Sieg-Quote 1.40 / Ägypten 3.80). Die Vorzeichen sprechen also für den Weltmeister von 2007, doch ein Spaziergang wird das Spiel nicht. Oder um es mit den Worten von Mimi Kraus zu sagen: „Es wird sicher ein paar blaue Flecken geben.“