Die Wrestler von Millwall rocken den FA-Cup
Sie gehören zu den unbeliebtesten Klubs Englands: Die „Löwen“ aus Millwall aus dem Südosten Londons leiden bis heute unter dem Hooligan-Image ihrer Fans. Sportlich sorgten sie nun im FA Cup für Furore – an einem Wochenende der großen Überraschungen.
Das nennt man Kreativität. Die Fans des FC Millwall machten aus der in ganz England gegen sie gehegten Abneigung einen eigenen Schlachtruf: „No one likes us, we don’t care“ – Keiner mag uns, uns egal!
Niemand mag Millwall – aber wieso eigentlich?
Mehrere Hooligan-Gangs („Firms“), unglaubliche Gewalt-Orgien wie 1985 gegen Luton Town oder zuletzt beim Ligapokal-Auftritt 2009 gegen den Londoner Erzrivalen West Ham United zementierten gerade in der durchgestylten Premier-League-Ära den Ruf von Millwall als No-Go-Area für friedliche Fußballanhänger. Es gibt kaum einen Fan auf der Insel, der nicht irgendeine schlimme Story über das berühmt-berüchtigte Stadion The Den (Die Löwengrube) zu erzählen weiß. Alles längst Londoner Folklore, wie Dailymail-Autor Adrian Durham glaubt: „Ich bin in vielen Jahren weder im alten oder neuen Millwall-Stadion jemals in Gefahr geraten, aber die meisten Menschen in England hassen Millwall eben aufgrund ihrer schlechten Reputation. Um das zu ändern, müsste etwas Außergewöhnliches passieren.“
Seit Jahren kämpft Millwall um einen Imagewandel
Das vergangene Wochenende könnte dabei enorm hilfreich gewesen sein. Millwall schlug den Premier-League-Klub FC Watford in Runde 4 des FA Cup mit 1:0 – und der in Liga 3 beheimatete Verein aus den Londoner Docks träumt von höheren Weihen.
Wie 2004, als Millwall unter der Regie von Spielertrainer Dennis Wise das FA Cup-Finale (0:3 gegen Manchester United in Cardiff) erreichte – und in der Saison 2004/2005 gegen Ferencvaros Budapest seine bislang einzigen europäischen Spiele verbuchen konnte. Millwall-Fan Barrie Stradling hat diese Auftritte in seinem Buch Tuesday Night at Grimsby: Diary of a Millwall Masochist (Dt.: Dienstagabend in Grimsby: Tagebuch eines Millwall-Masochisten) liebevoll niedergeschrieben.
Watfords Coach sieht sein Team ,,im Krieg”
Vielleicht können Stradling oder andere Millwall-Autoren im Frühsommer ein neues Kapitel auflegen: Mit Watford schaltete der in der League One spielende FC Millwall nach dem AFC Bournemouth (3:0 / 3. Runde) bereits den zweiten Vertreter aus Englands Fußball-Eliteliga aus. Watfords italienischer Coach Walter Mazzarri sah sein Team bei der Partie in The Den angesichts der rustikalen Spielweise der Mannschaft von Neil Harris ,,wie im Krieg, wie bei einem Wrestling-Kampf.“ Sein Fazit: „Hier in Millwall ist es nicht leicht.“
Dabei landete der Verein, der in Linksverteidiger Shane Ferguson (Marktwert: € 750.000) seinen teuersten Spieler hat und der mit den Ex-Bundesligaprofis Uwe Fuchs und Kasey Keller sowie Manchester-Legende Teddy Sheringham nur wenig prominente Stars unter Vertrag hatte, nur eine von vielen Überraschungen an einem verrückten FA Cup-Wochenende. Der große FC Liverpool scheiterte an den zweitklassigen Wolverhampton Wanderers (1:2), Amateurklub Sutton United kippte Leeds (1:0) aus dem Wettbewerb, der FC Fulham überrollte Hull City (4:1).
Klar, dass Coach Harris nun wieder auf ein Heimspiel setzt: „Ich mache mir keine Sorgen darüber, gegen wen es jetzt geht, denn es gibt nur wenige Mannschaften, die gern hierher fahren.“ Und das liegt nicht nur am schlechten Image…